Testbericht

Autofokus - Canon 7D gegen Nikon D700

11.10.2010 von Uwe Artmann

Schnell und sicher - das sind die beiden wichtigsten Forderungen an den Autofokus. Er soll schnell scharfstellen, dabei präzise arbeiten und auch bewegte Objekte in der Schärfe halten. Uwe Artmann vergleicht Konzept und Leistungsfähigkeit zweier Topsystem von Canon und Nikon.

ca. 6:45 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
  1. Autofokus - Canon 7D gegen Nikon D700
  2. Autofokus - Grundprinzip
canon 7d
canon 7d
© canon

Neben der guten Bildqualität ist der schnelle Autofokus die zweite zentrale Forderung der meisten Fotografen an ihre Kamera. Während die Leistung im Bereich der Bildaufnahme, also Sensor und Signalverarbeitung, jedoch immer weiter getrieben wird, scheint das Autofokussystem nur langsam Verbesserungen zu erfahren. Ein Vergleich von Canon 7D und Nikon D700 soll zeigen, was moderne Systeme leisten.

Beide Kameras benutzen die Methode der Phasendetektion. Insgesamt verfügt die Nikon D700 über 51 Messfelder, wovon 15 als Kreuzsensoren ausgelegt sind, also horizontale und vertikale Strukturen erkennen, und die restlichen Messpunkte mit linear aufgebauten Sensoren arbeiten. Canon baut das AF-System in der EOS 7D mit insgesamt 19 Messpunkte auf. Sämtliche Messpunkte sind Kreuzsensoren.

AutofokusmodiCanon unterscheidet zwei Modi, wobei auch ein dritter Modus als Mischform zur Verfügung steht. One Shot bietet sich an, wenn das Motiv statisch ist und sich während der Motivsuche nicht bewegt. Der Fotograf drückt den Auslöser einmal halb durch, daraufhin fokussiert die Kamera, meldet wenn dies erfolgreich geschehen ist und behält den Fokuspunkt bei der folgenden Aufnahme bei.

Um sich bewegende Objekte immer im Fokus zu halten, wählt der Benutzer AI-Servo. So lang der Auslöser halb gedrückt ist, versucht die Kamera den Fokus auf das Objekt zu halten und entsprechend der sich verändernden Entfernung den Fokus zu steuern. Im AI-Focus Modus entscheidet die Kamera selbstständig, ob sich das Objekt bewegt und schaltet entsprechend den Modus von One Shot auf AI-Servo oder umgekehrt.


canon af 7d
Die Canon 7D verfügt über 19 Kreuzsensoren. Der Fotograf kann diese einzeln anwählen, die Automatik entscheiden lassen oder eine von fünf Zonen vorauswählen.
© canon

Bei Nikon entspricht der Einzelaufofokus S und der kontinuierliche Autofokus C in der grundlegenden Funktionsweise denen von Canon. Nikon ergänzt die Technologie mit prädiktiver Schärfenachführung, sagt also, dass die Kamera die Bewegung des Objekts voraussieht und entsprechend den Fokus bereits so wählt, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme die Position ideal ist.

nikon af d700
Insgesamt 51 AF-Messfelder kann die Nikon 700D ansprechen, darunter 15 Kreuzensoren. Diese konzentrieren sich auf die hervorgehobene Region in der Mitte.
© nikon

In manchen Situationen ist der Autofokus mit der Aufnahmesituation schlicht überfordert oder der Benutzer möchte sicher stellen, dass sich die Kamera zwischen mehreren Aufnahmen nicht selbstständig neu fokussiert. Hierzu kann der Autofokus komplett deaktiviert werde. Bei beiden Herstellern bedeutet das Umschalten auf MF, dass das Objektiv nicht aktiv gesteuert wird, trotzdem arbeitet das AF-Modul und gibt Auskunft, ob sauber fokussiert wurde. Das erleichtert die Arbeit, da es nicht einfach ist, ohne Hilfsmittel wie Mikroprismen in der Mattscheibe zu entscheiden, ob richtig fokussiert ist.

Fokussieren bei wenig KontrastDie Phasenerkennung funktioniert nicht auf einer homogenen Fläche, es muss eine Kante vorhanden sein. Ist der Kontrast dieser Kante zu gering, kann das Modul keine sinnvollen Werte liefern. In den meisten Szenen finden zumindest einige der Messfelder einen Kontrast, der stark genug zum Fokussieren ist. In unseren Tests zeigte sich, dass sich die Nikon jedoch leichter Probleme mit hellen, kontrastarmen Szenen bekommt als die Canon.

canon 7d
Den Moduswechsel und das Anwählen eines Felds kann man bei Canon vornehmen, indem man die Plus-Taste (1) drückt und am Einstellrad dreht.
© canon

Die Kreuzsensoren der Nikon sind auf die Bildfeldmitte konzentriert, die linearen Sensoren weiter außen müssen bei Strukturen parallel zur eigenen Ausrichtung passen. Umgekehrt konnte die Nikon D700 schneller einen Fokuspunkt finden und setzen als die Canon 7D bei sehr dunklen, unregelmäßigen Strukturen wie z. B. schwarzem Stoff. Unter dem Strich: Ist es hell und der Kontrast gering, hat die Canon einen leichten Vorsprung, bei dunklen Stoffen eher die Nikon.

Fokussieren bei Nacht

canon 5d mark ii
Um das AF-Modul in den Strahlengang zu integrieren, ist ein Teil des Schwingspiegels teildurchlässig gestaltet (hier eine Canon 5D Mk II).
© canon

Die AF-Messung erfolgt bei offener Blende. Ist das auftretende Licht zu schwach, kann das AF-Modul kein nutzbares Signal mehr liefern, und die Fokussierung ist nicht möglich. Daher geben die Hersteller einen Bereich an, in dem ihr System funktioniert. Die Angabe erfolgt in Lichtwert - ein Wert, aus dem sich Belichtungszeit und Arbeitsblende ergibt. 

Ein LW z.B. von 10 entspricht der Lichtintensität, die man braucht um bei Blende 2,8 und 1/125 s Belichtungszeit bei ISO 100 eine korrekt belichtete Aufnahme zu erstellen. Ein Lichtwertunterschied von eins entspricht jeweils einer Halbierung bzw. Verdopplung der Lichtmenge, also einer Blendenstufe oder einer Zeitstufe.

Beide Kameras, jeweils mit einem Sigma 2,8/70-200 mm ausgestattet, konnten bei ausreichender Beleuchtung (LW 10) sauber und mit mehreren Messpunkten auf unser Testobjekt fokussieren. Anschließend wurde das Licht schrittweise reduziert und der Autofokus auf Funktion überprüft. Die Canon 7D hat bei reduzierter Beleuchtung anstandslos weiter fokussiert, erst ab einer Beleuchtung, die LW 0,5 entspricht, wurde der Vorgang des Fokussierens von unendlich auf Objektweite (1 m) ein wenig langsamer.

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Eine Funktion, ein Schalter. Nikon bietet einen extra Schalter (1) für die AF-Moduswahl auf der Rückseite.
© Archiv

Auch bei der vom Hersteller angegebenen Minimal-Beleuchtung von LW -0,5 wurde der Dienst nicht verweigert. Die geringste gemessene Beleuchtung, bei der die Kamera noch fokussieren konnte, war LW -1. Die Nikon D700 wurde ab einem Lichtwert von 3,5 ein wenig langsamer und hat bei einer Beleuchtung von LW 0 schon mehrere Versuche gebraucht, um das Objekt korrekt zu detektieren. Bei LW -1 wurde der Dienst dann komplett verweigert.

Zur Veranschaulichung: Bei einem Lichtwert von -1 muss für eine korrekte Abbildung 16 Sekunden lang bei Blende 2,8 (ISO 100) belichtet werden. Es wurde bei beiden Kameras das AF-Hilfslicht deaktiviert, welches in diesem Fall die Szene in geringer Entfernung aktiv aufhellen kann, um so die Funktion zu ermöglichen. Fazit: Vorsprung Canon.

nikon d700
Nikon benutzte zunächst im Gehäuse integrierte Motoren zur Objektivsteuerung. Mittlerweile setzt Nikon wie Canon auf AF-Motoren im Objektiv.
© nikon

Fokussieren bei bewegten ObjektenDer Ansatz, die Bewegung zu erkennen und entsprechend den Autofokus nachzuziehen, ist bei beiden Kameras vorhanden und funktioniert bei beiden. Allerdings ist es stark abhängig von der Art der Bewegung und den Objekteigenschaften. Ist das Objekt eindeutig erkennbar und bewegt es sich gleichmäßig auf die Kamera zu, wie z. B. ein sich nähender Zug oder eine Person auf einem Fahrrad bleibt der Fokus auf dem Objekt.

Problematisch wird es, wenn das Objekt sich nicht gut vom Hintergrund trennt, dann ist es auf jeden Fall ratsam, das Messfeld entsprechend dem Motiv vorzuwählen und nicht die Automatik zu benutzen. Ist die Bewegung ruckartig und ändert schnell Richtung und Geschwindigkeit, wie zum Beispiel spielende Kinder oder Sportler, kommen beide

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Geringe, helle Kontraste machen der Nikon mehr Schwierigkeiten als der Canon. Hier besonders schwierig: Es können nur die äußeren Sensoren genutzt werden.
© uwe artmann

Systeme schnell an ihre Grenze, das Objekt über eine größere Reihe von Aufnahmen im Fokus zu halten. Wenn das verfolgte Objekt vorübergehend hinter anderen verschwindet, hält die Nikon das Objekt etwas besser im Fokus als die Canon. Letztendlich Einstand.

Messfeldsteuerung Der verwendete Messpunkt für den Autofokus sollte idealerweise genau auf dem Hauptmotiv liegen. Hier helfen viele Messpunkte dabei, dass die Kamera nicht gegen, sondern für den Fotografen arbeitet. In beiden Kameras werden die aktiven Messfelder im Sucher angezeigt, somit kann man schnell entscheiden, ob die Kamera richtig liegt.

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Auf diese Testtafel mussten beide Kameras bei schrittweise reduziertem Licht fokussieren. Die Nikon verweigerte den Dienst früher, auch wenn es bei beiden Kameras schon sehr dunkel zuging.
© Archiv

Um an der Nikon 700D zwischen der automatischen Messfeldauswahl und der manuellen Auswahl umzuschalten, ist ein eigener Schalter in die Gehäuserückseite integriert. Mit ein wenig Übung und ausreichend großen Händen erreicht man diesen Schalter, auch ohne das Auge vom Sucher und somit dem Objekt zu nehmen. Die eigentliche Auswahl erfolgt dann über die große Schaltwippe auf der Rückseite der Kamera. Für die Umschaltung benötigt man bei der Canon 7D zwei Knöpfe, doch sie fügen sich gut ins Bedienkonzept der Kamera ein, und der Benutzer kann mit Daumen und Zeigefinder schnell zwischen den Modi wechseln. Gut gelöst ist auch, dass die Anzahl der Modi in den Einstellungen reduziert werden kann, somit klappt das Umschalten noch schneller.

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Beiden Kameras machte es keine Probleme sauber zwischen Vordergrund, Objekt und Hintergrund zu unterscheiden. Auch außerhalb der Bildmitte und bei ähnlichen, feinen Strukturen.
© uwe artmann

Die Wahl des richtigen Messfelds im Automatikbetrieb klappt in den meisten Fällen und bei beiden Kameras vergleichbar gut. Manchmal will der Fotograf aber mit der Schärfe spielen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Hauptmotiv nur schwer auszumachen ist oder sich durch seine Eigenschaft nicht vom restlichen Bild trennt. Canon unterscheidet hier noch feiner als Nikon bei der Auswahl einzelner Messfelder. So kann bei Canon neben einem einzelnen Messfeld auch eine von fünf Zonen angegeben werden oder mit dem Spot-AF ein noch feinerer Bereich des Einzelfelds. Prinzipiell wird damit möglich, den Fokus noch genauer zu steuern, doch wird es bei der Fokussierung aus der Hand zumindest bei längeren Brennweiten schwieriger, den Punkt ganz genau zu setzen.  Erneut: Einstand.

Lange WegeWird die Objektweite, also der Abstand von der Kamera zum Objekt kleiner (Makro-Aufnahmen), werden die Verstellwege des Objektivs länger, und die Fokussierung dauert schon aufgrund der langen Wege länger. Da auch die Schärfentiefe sehr gering ist, stellt dies besondere Ansprüche an den Autofokus.

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Gerade bei Makroaufnahmen sollte man das AF-Feld manuell vorwählen, das erspart lange Verstellwege bei der Fokussierung.
© uwe artmann

Das AF-Modul der Nikon funktioniert auch im Makrobereich effektiv, doch sollte hier der Messpunkt manuell gesetzt werden. Die Automatik ließ sich des Öfteren von der Szene verwirren und fuhr erst einmal den ganzen Verstellweg des Objektivs ab. Die automatische Messfeldauswahl der Canon konnte konsequenter einen Punkt finden, doch bietet sich auch hier die manuelle Anwahl an, da der Fotograf vom Spiel mit der Schärfe meist mehr versteht als die Schaltkreise der Kamera.

Im direkten Vergleich zeigt sich ein unterschiedliches Verhalten der Kameras. Die Canon beginnt früher mit der Feinjustage, um dann gerade bei schwierigen Bedingungen nochmal leicht nachzufokussieren. Die Nikon scheint sich mehr Zeit zu nehmen für die erste Messung, steuert dann aber die Optik zielgerichtet in Position.

Fazit Beide Kameras bieten ein hochgezüchtetes AF-System mit vielen Einstellmöglichkeiten und cleveren Algorithmen zur Motivverfolgung.   Im Vergleich kommt die Canon mit wenig Licht und hellen kontrastarmen Strukturen etwas besser zurecht. Dagegen hat die Nikon ein kleines Plus bei bewegten Objekten. Allerdings zeigen unsere Objektivtests, dass die Präzision - je nach Optik - nicht immer überzeugt.

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