Testbericht

Sony Alpha 900

12.10.2008 von Redaktion pcmagazin und Martin Biebel

Gäbe es keine hohen Empfindlichkeiten, übernähme die Alpha 900 die Spitzenposition im ColorFoto-Gesamtklassement. Bis ISO 800 bietet sie die höchste Auflösung aller bisher gemessenen SLR-Modelle, und erst bei ISO 1600 zieht die Canon EOS 1Ds MkIII vorbei. Auch Rauschen, Textur (Detailzeichnung) und Objektkontrast sind bei ISO 100 einwandfrei, um allerdings bei höheren Empfindlichkeiten stärker als bei der Vollformatkonkurrenz abzufallen. Diese Kamera mit ihrer sehr hohen Auflösung und der praktischen  Kontrastanpassung könnte zur geschätzen Begleiterin aller Landschafts- und Architekturfotografen werden, die keine sehr hohen Empfindlichkeiten, aber maximale Auflösung brauchen. Einfaches Handling, schnelle Bildfolge und der brillante Sucher sind weitere Pfunde, zu denen der Bildstabilisator im Gehäuse hinzukommt. Die eben angekündigte Canon EOS 5D MK2, eine weitere Vollformatkamera unter 3000 € hat eine hohe Messlatte vor sich.

ca. 6:40 Min
Testbericht
  1. Sony Alpha 900
  2. Datenblatt
Sony Alpha 900 Aufmacher
Sony Alpha 900 Aufmacher
© Archiv

Die Alpha 900 besetzt mit knapp 3000 Euro Bodypreis eine Marktlücke. Sie besitzt einen Sensor im Kleinbildformat mit 24,6 Megapixeln. Spannend dürfte der Zweikampf mit der Canon 5DMKII werden, die bei 21 Megapixeln und einem avisierten Preis von 2500 Euro versucht, alles besser zu machen. Bei Vollformatsensoren können die Kleinbildobjektive wie gewohnt eingesetzt werden, während bei kleineren Sensoren der effektive Bildwinkel schrumpft. Das 50-mm-Objektiv liefert z. B. an der SLR mit "APS-C"-Sensor die Bildwirkung eines 75-mm- Objektivs. Ein weiterer Vorteil der Vollformatsensoren ist die größere lichtempfindliche Fläche, was zu rauschärmeren  hohen Empfindlichkeiten führt.

AnfassenDas Alpha ist außerordentlich leicht, griffig und passt dank einer Vertiefung zwischen Grifffläche und Body auch in größere Hände. Stabile Gummikappen verschließen die Anschlüsse des spritzwassergeschützen Bodys. Insgesamt macht die Alpha einen modisch schicken, aber zugleich stabilen Eindruck. Auf den ersten Blick ähnelt die A900 stark der nur wenig kleineren A700, doch die unter der Kunststoffbeschichtung verbauten Magnesium-Alloy-Bauteile sind völlig unterschiedlich und bei der A900 stabiler ausgefallen.


Sony Alpha 900 Rückseite
Das aktive Menü im 300000-Pixel-Screen wird mittels der Fn-Faste aufgerufen, die Funktionseinstellung erfolgt mit der Vierrichtungswippe.
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DurchschauenDas Sucherbild des neuen Pentaprisma ist sehr groß und zeigt ein brillantes 100% Bildfeld bei einem Vergrößerungsfaktor von satten 0,74. Die hohen Kosten haben, so erzählt Sony hinter vorgehaltener Hand zum Weglassen des Live-Views und des Klappmechanismus für den Monitor geführt. Eine Extra-Augenmuschel, die den Sichtkreis noch besser abdunkelt, wäre eine gute Zubehöridee. Der vorhandene Gummiwulst ist etwas knapp ausgefallen, das Gesicht muss nah ran ans Display. Die Einstellscheiben sind wechselbar - auch ohne die Kamera in den Service zu geben. Standardmäßig ist eine hoch disperse M-Scheibe integriert, die lediglich einen inneren Rahmen und die rautenförmig angeordneten 9-Punkt-Autofokus-Sensoren zeigt. Der innere Rahmen zeigt das maximale Bildfeld bei Verwendung von APS-Objektiven an, der 9-Punkt-AF-Sensor besitzt einen mittleren Doppelkreuzsensor. 10 Hilfssensoren in unmittelbarer Nachbarschaft der Hauptmesspunkte sollen kritische Objekte sicherer einfangen. Statt des Live-Views bietet die Sony A900 eine bereits von Pentax-Modellen bekannte Option: Der Fotograf drückt die Abblendtaste unter dem Objektiv, erhält im Sucher ein abgeblendetes Bild und beim Loslassen der Taste erscheint ein Vorschaubild auf dem brillanten 3-Zoll-Monitor. Dieser Preview zeigt Änderungen von Zeit/Blende sowie Weißabgleich direkt - und  recht akkurat an. Eine Lupenfunktion gibt es aber nicht. Diese Lösung ersetzt kein Live-View, da Sie nicht bei bewegten, unwiederbringlichen Motiven einsetzbar ist - andererseits zeigt sie auch Veränderungen, die erst im Processing passieren. Sinn macht dabei die  Dynamik-Range-Automatik, die große Kontraste im Bild selbstständig in diversen Levels anpasst. Stilllifer ersparen sich so diverse Belichtungsversuche und Bildkontrollen: Einmal ungefähr einstellen, Preview schießen, die Parameter nachjustieren, und da diese  automatisch übernommen werden, gleich erneut abdrücken.

Sony Alpha 900
Das Einstellrad für dem Fokus-Modus ist arg klein geraten.
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EinstellenWem das intelligente Preview doch zu dumm ist, dem bietet Sony eine weitere Bracketing-Funktionen für die Dynamik-Range-Kontrastanpassung. Diese Kontrastserie ist oft empfehlenswerter als die Blendenserie, da sich die Autoblende als recht zuverlässig zeigte. Bei Motiven im hellen Licht darf aber getrost bis zu einer halben Blende manuell korrigiert werden. Das Bedienkonzept entspricht mit Ausnahme des fehlenden Live-Views und Blitzes weitgehend dem der Alpha 700. Hier rückt Sony nur wenig vom eingeschlagenen Weg ab. Warum auch: Angenehme Schalter, gute, ergonomische Platzierung der Elemente und die Wahl zwischen verschiedenen Bedienkonzepten, die allesamt keine Rätsel aufgeben, da herrscht wenig Handlungsbedarf. Lediglich die Taste zum Aufruf der Lupenfunktion liegt sehr ungewohnt und der Vorderseitenschalter für den Autofokus-Modus ist fummelig. Auch die Fn-Einstelltaste, die ständig benötigt wird, könnte näher in Daumenreichweite liegen. Klasse aber, wie das übersichtliche, aktive Display-Menü beim Hochkantstellen der Kamera mitgeht und ebenfalls in die Hochkantdarstellung wechselt. Dank reflexiver Bauweise bleibt es auch bei heller Sonne gut ablesbar. Der Modi-Einstellring wurde sinnvoll entrümpelt, auf den Vollautomatik-Modus wollte Sony aber nicht verzichten. Am Sucher sitzt der bekannte Sensor und sorgt dafür, dass die Kamera das Display abschaltet, wenn sich das Auge nähert. Der Fokus wird dabei aber nicht aktiviert. Wie es sich gehört, gibt es ein kleines Top-LCD-Display, das aber wirklich nur die allernotwendigste Info, die aber schön groß und beleuchtbar, bereitstellt.

Sony Alpha 900
Am Modusrad gibt es drei programmierbare Voreinstellungen.
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AuslösenDie Taste ist ausreichend weich, um ein Verreißen der Kamera zu vermeiden, der Spiegelschlag auch ohne die neue Vorauslösung sehr weich. Der Bildstabilisator brachte bei unserem 50-mm-1,4-Testobjektiv um die zwei Blenden und so braucht man nur wenig Angst vor Verwacklern zu haben. Zumal eine clevere Balkenanzeige im Sucher die aktuelle Verwacklungsgefahr recht plastisch anzeigt. Die Auto-Belichtung allerdings tendiert dazu, die Zeit /Blendenkombination zu Gunsten eines höheren Blendenwertes einzustellen. Das führt bei ISO 100 und Freihandschüssen doch bisweilen zu Verwischern. Im Highspeedmodus schafft die Kamera tatsächlich knapp 5 Bilder/Sekunde und schießt dann nach kleiner Speicherpause recht flott weiter. Der etwas gestörte Rhythmus entsprach der Leistungsfähigkeit des verwendeten 8-GB-Memorysticks. Doch Sony erlaubt auch die Speicherung auf Compact-Flash. Zum Test wurde der Spot-Autofokus auf Verfolgen gestellt und während der Highspeed-Serie das Hauptobjekt in der Distanz verändert.

4 der 5 Bilder der Serie waren scharf, einmal zog die Elektronik den Stellmotor nicht optimal nach - optimierte aber die Belichtungsautomatik für jedes Bild neu. Ein Indiz dafür, dass der Autofokus bei Highspeed am Limit arbeitet.Rechenpower hat die Kamera dank ihres Doppelprozessors genug. Der zweite tritt nach Aussagen japanischer Ingenieure erst in Aktion, wenn der erste ans Limit kommt. Es bearbeitet also nicht etwa der eine Prozessor die linke, der zweite die rechte Bildhälfte. Abgespeichert war schnell, sowohl auf Memorystick wie auf CF-Card, umgeschaltet wird direkt im Screen-Menü (eine Neuerung), die Trennung von JPEG- und Raw-Bildern bei Doppelformat-Speicherung war nicht auffindbar. Auffällig: Im höchsten JPEG-Format geschossene Bilder brauchen die vierfache Speichermenge (16 MB) gegenüber der normalen JPEG-Kompressionsqualität. Ebenfalls ausprobiert: Der als Zubehör erhältliche Griff VG-C90 verleiht dem Gerät den echten Profilook mit genügend Masse und dem kompletten Bedienset der Rückseite, um auch senkrecht bequem halten und auslösen zu können. (Bequem ist wegen des Gewichts immer relativ). Das Handling des Griffs und das Senkrechtauslösen ist ergonomisch sehr gut gelungen, die Haltung fast besser als die horizontale ohne den Anbau.

Sony Alpha 900
Wichtige Einstellparameter haben einen eigenen Knopf.
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Testergebnisse2063 Linienpaare pro Bildhöhe, das sind gut 300 Linienpaare mehr als beim bisherigen Spitzenreiter der Canon EOS 1Ds Mk III, ebenfalls eine Vollformatkamera mit 21 Megapixeln zum gut doppelten Preis von 6900 Euro. Dieser Auflösungssprung bei ISO 100 ist in den Bildern deutlich zu sehen - wenn  ein Spitzenobjektiv zum Einsatz kommt, das die mögliche Leistung auch überträgt. Dies vorausgesetzt bringt die Alpha 900 eine gegenüber den mittlerweile üblichen 12 Megapixeln nochmals deutlich gesteigerte Bildvergrößerungskapazität in den Fotografenalltag. Gestochen scharfe Landschaften im Posterformat sind genauso realisierbar wie Detailvergrößerungen aus einem Gesamtmotiv, was für journalistisch arbeitende Fotografen ein Vorteil sein dürfte. Steigt die ISO-Zahl holt die Sony die Realität wieder ein. 1764  Linienpaare bei ISO 800 - das ist kaum mehr über der Schärfekapazität der Canon, und bei 1600 ISO muss sie klein beigeben: 1533 Linienpaare sind zwar immer noch eine extrem hohe Auflösung, bedeuten aber zugleich ein ungewöhnlich starkes Minus von  500 Linienpaaren/Bildhöhe gegenüber ISO 100. Der Bildkontrast liegt bei ISO 100 noch auf den standardmäßigen 9 Blenden, sinkt aber schon bei ISO 400 um eine halbe Blende um bei höherer Empfindlichkeit auf ein Dynamikumfang von 8 Blenden zu landen. Den Bildern fehlt dann die Zeichnung in Lichtern oder Schatten. Bei höherer Empfindlichkeit kann die D-R+ Kontrastautomatik helfen, aber nicht zaubern. Per Kontrast-Bracketing lässt sich in vielen Situationen so der abgebildete Objektkontrast steigern, doch steigt eventuell auch das Rauschen. Die Kurtosis-Messung des Testlabors deckte den Texturverlust der Alpha 900 in feinen Bilddetails bei steigender Empfindlichkeit auf. Die 1,1 bei ISO100 sind zu verkraften, die 1,8 bei ISO 400 liegt dann wieder in der Nähe der Alpha 700, die sichtbare Konturverluste mitbrachte. Der A900 kommt in diesem Punkt ihre hohe Gesamtauflösung zugute, doch lässt die Detailzeichnung in den Schatten etwas nach. Bei hohen Empfindlichkeiten sinken die Kurtosis-Werte wieder ab, dafür steigen die Rauschwerte bis VN 2,5 bei ISO 1600 - eine Frage der Abstimmung. Bei ISO 1600 zeigen Schattenpartien denn auch ein sichtbares Farbrauschen, trotzdem erzielt die A900 den besten Wert aller Sony-SLRs. Das Rauschen bei ISO 100 und ISO 200 ist mit dem Auge dagegen nicht oder nahezu nicht wahrnehmbar. Insgesamt muss die Sony der Canon 1Ds MkIII beim Rauschen den Vortritt lassen und kommt bei weitem nicht an die Rauschfreiheit heran, mit der derzeit Nikon D3 und D700 Maßstäbe setzen. Nikon nutzt bei seinen Vollformatkameras allerdings auch einen 12-Megapixel-Sensor mit  entsprechend deutlich geringerer Auflösung aber eben auch größeren Pixeln, der idealen Vorraussetzung für rauscharme Bilder. Die Farbgenauigkeit der Sony ist top - solange man sie auf der Neutral-Einstellung belässt, wer da kanarienbunte Bilder in Einstellung vivid heraufbeschwört, ist selbst schuld. Mit sehr guten Resultaten überzeugt die Sony A900 bei der Autofokusmessung und positioniert sich vor den Vollformatkonkurrenten von Canon und Nikon. Im Gesamtvergleich der vier aktuell verfügbaren Vollformatkameras muss sich die Sony (3000 Euro) allerdings knapp den Konkurrenten Canon EOS 1Ds Mk III (6900 €), Nikon D3 (4200 €) und D700 (2600 €) geschlagen geben.

Display Ansicht Preview 1
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Display Ansicht Preview 2
Das intelligente Preview erlaubt die Korrektur beispielsweise der Blende direkt aus einem auf dem Display festgehaltenen Vorschaubild. Dieses selbst kann aber nicht gespeichert werden.
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Sony Alpha 900

Sony Alpha 900
Hersteller Sony
Preis 3000.00 €
Wertung 44.0 Punkte
Testverfahren 1.6

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