Testbericht

Olympus E-P1 - Klassik digital

9.9.2009 von Redaktion pcmagazin und Karl Stechl

Mit der E-P1 steigt Olympus in das Micro-Four-Thirds-System ein. Im Design knüpft die Kamera an einen 50 Jahre alten Olympus-Klassiker namens "Pen" an. Im edlen Metallgehäuse steckt jedoch Technik von heute - z.B. ein 12-Megapixel-Bildsensor, Live-View, Kontrast-AF mit Gesichtserkennung und vieles mehr.

ca. 6:40 Min
Testbericht
  1. Olympus E-P1 - Klassik digital
  2. Datenblatt
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© Archiv

Olympus interpretiert den Micro-Four-Thirds-Standard mit Stil. Das solide Metallgehäuse der E-P1 weckt Assoziationen an Kameraklassiker wie Leica M, Contax G2 oder Voigtländer Bessa L. Der Urvater des neuen Modells ist freilich im Hause Olympus selbst angesiedelt: die Pen von 1959, ein Werk des japanischen Designers Yoshihisa Maitani.

Der Name war damals Programm: Pen ist das englische Wort für Stift und ein Hinweis darauf, dass diese Kamera so handlich und einfach in der Bedienung sein sollte wie ein Schreibgerät. Einfache Bedienung und kompaktes Gehäuse sind denn auch zwei wesentliche Stichpunkte zur digitalen Pen E-P1: Der E-P1-Aufbau entspricht dem einer Kompaktkamera. Es gibt weder spezielle AF-Sensoren und den Schwingspiegel, noch einen optischen SLR-Sucher, stattdessen dient der Monitor als Sucher, und der Bildsensor liefert das AF-Signal. Allerdings sind die Objektive wie bei einer SLR austauschbar, und auch der Bildsensor hat die Größe der SLR-Sensoren.

Der Neuauflage der Pen darf man zudem Livestyle-Attribute bescheinigen. Das Gehäuse wirkt durch einen Mix aus mattierten und glänzenden Metallflächen sehr edel. An der Gerätefront, links neben dem Objektiv, ist ein rechteckiges Stück Kunststoff mit lederartiger Narbung aufgeklebt, um die Griffigkeit zu erhöhen. Dem gleichen Zweck dient eine Daumenmulde an der Rückseite.Unter den beiden derzeit angebotenen Objektiven steht der E-P1 das flache M.Zuiko Digital 2,8/17 mm ("Pancake") besonders gut zu Gesicht.

Mit angesetztem Pancake-Objektiv beträgt die Tiefe der Kamera nur wenig mehr als 60 mm. Beim zweiten Objektiv, dem M.Zuiko 3,5-5,6/14-42 mm, hat Olympus einen Trick angewandt, um das Transportmaß zu minimieren. Das Objektiv ist im "Ruhezustand" nur etwa 55 mm lang. Für den Einsatz an der Kamera wird nach Lösen einer Entriegelung durch Drehen des Zoomrings ein Tubus ausgefahren, der das Objektiv auf 80 mm bei mittle-rer Brennweiteneinstellung verlängert.

3-Zoll-Monitor, aber kein elektronischer Sucher

Als Motivsucher steht der Kamera ein 3-Zoll-Monitor mit einer nicht berauschenden Auflösung von 76 700 RGB-Bildpunkten zur Verfügung. Helligkeit und Farbbalance des Displays lassen sich justieren. Bei starker Sonneneinstrahlung gerät die Motivsuche aber dennoch zum Blindflug, da man auf einen elektronischen Sucher wie bei den Panasonic-Modellen G1 und G1H verzichten muss. Wer sich daran stört, sollte über den Zukauf eines nachrüstbaren Faltlichtschachts für den Monitor nachdenken - erhältlich etwa unter der Bezeichnung "Pop-up-Shade" beim Brenner Foto Versand.

Fein raus ist, wer das 17-mm-Pancake zu seinem Standardobjektiv erklärt. Dafür gibt es nämlich den Leuchtrahmensucher VF-1, der in den Blitzschuh der Kamera gesteckt wird (die Voigtländer Bessa L lässt grüßen). Der helle und große Sucher weist zwar eine ordentliche tonnenförmige Verzeichnung auf, ist bei hellem Sonnenlicht dem Monitor aber haushoch überlegen. Je näher man der Naheinstellgrenze von 20 cm kommt, desto stärker fällt naturgemäß die Sucherparallaxe aus: Man sieht dann einen anderen Ausschnitt im Bild als zuvor im Sucher. In diesem Fall sollte man lieber auf den Monitor ausweichen.

Will man den optional erhältlichen Systemblitz FL-14 benutzen, muss der Aufstecksucher VF-1 ohnehin seinen Platz am Blitzschuh räumen. Der FL-14 wurde speziell für die E-P1 konzipiert; er ist kompakt und mit seiner Metalloberfläche elegant, mit Leitzahl 14 bei ISO 100 allerdings nicht sonderlich leistungsstark. Bedauerlich ist, dass der Hersteller auf ein integriertes Blitzgerät verzichtet hat - warum eigentlich?

Kontrast-AF mit 11 Punkten und Gesichtserkennung

Zum automatischen Scharfstellen steht der Kamera ein Kontrast-AF mit 11 Messpunkten (25 bei zugeschalteter Gesichtserkennung) zur Verfügung. Bei manueller Messfeldwahl lässt sich das grüne Messfeld frei am Monitor platzieren. Durch wiederholtes Drücken der entsprechenden Pfeiltaste des 4-Wege-Schalters verschiebt man das Messfeld in kleinen Schritten; hält man die Taste dagegen gedrückt, lassen sich größere Verstellwege zeitsparend bewältigen, weil das Messfeld größere Sprünge macht. Die Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit ist leider relativ lang: 1,04/1,26 s bei 3000/30 Lux.

Um die Schärfe manuell einzustellen, kann man sich von einer 7- oder 10-fach vergrößernden Bildschirmlupe unterstützen lassen. Bewegungsunschärfen minimiert die Kamera durch den eingebauten, mechanischen Bildstabilisator, ein gemeinsames Merkmal höherer Olympus-Modelle.

Bekanntes Bedienkonzept mit neuen Akzenten

Wer schon einmal eine Olympus-SLR-Kamera der E-Serie in der Hand hatte, wird sich mit der neuen Vertreterin des Micro-Four-Thirds-Formats ohne weiteres zurecht finden. Da der 3-Zoll-Monitor permanent als Motivsucher dient, werden aufnahmerelevante Daten in das Sucherbild eingeblendet, auf Wunsch auch ein Live-Histogramm oder eine Wasserwaage (Balkenanzeige vertikal/horizontal).

Ein Novum bei Olympus ist, dass der 4-Wege-Schalter mit einem geriffelten Einstellring kombiniert ist. Ein zweites Drehrad für den Daumen findet sich, etwas nach rechts versetzt, knapp darüber. Das bedeutet zum einen, dass man beim manuellen Einstellen von Zeit und Blende für jeden der beiden Parameter ein eigenes Einstellrad zur Verfügung hat. Der Einstellring am 4-Wege-Schalter dient aber auch zum Anwählen von Menü-Einträgen.

Im Aufnahmemodus hat man über den 4-Wege-Schalter direkten Zugriff auf vier verschiedene Einstellmenüs, die jeweils als Leiste unten am Bildrand erscheinen: ISO (100-6400), AF-Modus, Weißabgleich und Einzel-/Serienbild/Selbstauslöser (2 oder 12 s). Der Fn-Taste lassen sich darüber hinaus verschiedene Funktionen zuordnen, z.B. das Ein-/Ausschalten der Gesichtserkennung, die Schärfentiefenkontrolle über den Monitor oder die Testbild-Funktion (aufgenommenes Bild wird nicht gespeichert).

Das SLR-typische Moduswahlrad für die Belichtungsprogramme ist bei der E-P1 in einer eleganten Konstruktionsvariante vertreten: Das Rad ist unter der Gehäuse-oberfläche angebracht - an der Kameraoberseite erlaubt eine kreisförmige Aussparung das Ablesen der Einstellposition; eine Aussparung an der Rückseite ermöglicht das Drehen des Einstellrads.

Zur Wahl stehen Standard-Belichtungsprogramme (P, A, S, M), 19 Motivprogramme (Scenes), ART (Verfremdungseffekte), ergänzt durch "iAuto", das dem Anwender jegliches Denken abnehmen will: Die Kamera wählt selbsttätig das mutmaßlich am besten zum Motiv passende Programm. Erwähnenswert unter den "Scenes" ist e-Porträt mit automatischer Glättung der Haut. Last but not least: die Movie-Funktion. Die Kamera erlaubt das Aufnehmen von Videos in HD-Qualität (1280 x 720) mit 30 B/s im AVI-Format (Motion-JPEG).

Der Ton wird dabei in Stereo aufgezeichnet. Eine Videosequenz ist bei HD auf etwa 7 min begrenzt, bei VGA auf 14 min. Alternativ zur Programmautomatik kann beim Filmen auch Zeitautomatik gewählt werden, was das Gestalten mit selektiver Schärfe (große Blende) bei entsprechend angepasster Verschlusszeit ermöglicht. Ein wenig nervt beim Videofilmen, vor allem bei geringer Umgebungshelligkeit, die permanent blinkende und ziemlich helle Speicherungs-LED. Tipp: Kamera so halten, dass der Daumen die LED abdeckt.

Das Filmen wird vom Autofokus unterstützt, leider mit beträchtlicher Geräuschentwicklung seitens des AF-Motors. Zufriedenstellend gelöst hat dieses Problem bislang nur Panasonic mit dem Kit-Objektiv G Vario HD 4-5,8/ 14-140 Asph. OIS der Lumix DMC-GH1, das praktisch geräuschlos fokussiert und im Prinzip auch an der Olympus E-P1 verwendet werden kann.

Bildaufzeichnung und Bildqualität

Der Bildsensor der Olympus E-P1 hat die für das Four-Thirds-Format typische Fläche von 17,3 x 13,0 mm mit zweifachem Bildwinkelfaktor im Vergleich zu Kleinbild und einer effektiven Auflösung von 12 Megapixeln, ist also kein Multiformat-Sensor in "Übergröße" wie bei der Panasonic GH1. Verschiedene Seitenverhältnisse lassen sich einstellen: 4:3 (12,1 MP), 3:2 (10,8 MP), 16:9 (9,2 MP) und 1:1 (9,1 MP).

Was die Bildqualität anbelangt, liegt ein Vergleich mit der Panasonic Lumix DMC-GH1 nahe. Die Olympus E-P1 erreicht vor allem bei ISO 100/400 eine höhere Grenzauflösung als die Panasonic (1414/1342 LP/BH gegenüber 1254/1235 LP/BH). Dafür schafft die Panasonic einen konstanten Wert von 0,4 beim Texturverlust im Bereich von ISO 100 bis 1600, während die E-P1 bei ISO 100 mit 0,2 gut beginnt, bei ISO 400/800 zufriedenstellende Werte (0,8/1,3) schafft und bei ISO 1600 einen hohen Texturverlust von 2,0 aufweist. Beim Rauschen erreicht die Kamera VN-Werte im üblichen Four-Thirds-Rahmen von 1,0 bei ISO 100 bis 3,6 bei ISO 1600, bei der Dynamik zwischen 7 und 8,5 Blenden. Hier hat die Panasonic mit 8 bis 9 Blenden mehr zu bieten.

Fazit: Die Olympus E-P1 ist eine edle und hochwertige Kamera mit einem Metallgehäuse, das an alte und neuere Kameraklassiker erinnert und das Herz jedes Puristen höher schlagen lässt. Vielleicht passt dazu auch das nicht vorhandene Einbau-Blitzgerät; aus praktischer Sicht gibt dieser Punkt dennoch Anlass zur Kritik. Wer sich von dem Gedanken lösen kann, dass man immer ein Zoom benötigt, wird vermutlich gerne mit dem 17-mm-Pancake-Objektiv und Aufstecksucher unterwegs sein. Live-View gut und schön, aber bei grellem Sonnenlicht ist der optische Sucher dem Live-View am Monitor dennoch überlegen.

Bei der Bildqualität erreicht die E-P1 übliche Four-Thirds-Werte. Statt Full-HD wie bei der Panasonic Lumix DMC-GH1 gibt's bei der E-P1 "nur" HD, und der Autofokus lässt sich nur bedingt beim Filmen einsetzen. Die GH1 mit dazugehörigem "Flüsterobjektiv" Lumix G Vario HD 4-5.8/14-140 Asph. OIS mm bleibt im Digitalkamera-Umfeld also das Maß der Dinge, wenn es um Filme geht. Dafür lassen Design und Haptik der E-P1 ein Gefühl von Wertigkeit aufkommen, das man bei vielen Digitalkameras vermisst - schön, dass es so etwas immer noch (oder wieder einmal) gibt. Erfreulich auch das Preis-Leistungs-Verhältnis: Rund 1000 Euro für das Double-Lens-Set mit 14-42-mm-Zoom und 17-mm-Pancake sind dem Gebotenen angemessen.


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Beim Videofilmen können Programm- und Zeitautomatik sowie ART-Filter verwendet werden.
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Das Zu- und Abschalten der Gesichtserkennung lässt sich auf die Funktionstaste legen.
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Beispielbilder erleichtern Einsteigern den Umgang mit den 19 verfügbaren Motivprogrammen (Scenes).
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Ein Histogramm im Live-View-Betrieb schafft Belichtungssicherheit bereits vor der Aufnahme.
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Olympus Pen E-P1

Olympus Pen E-P1
Hersteller Olympus
Preis 350.00 €
Wertung 55.0 Punkte
Testverfahren 1.5

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