Testbericht
Leica M8
4200 Euro sind ein stolzer Preis. Klar - die Auflösung ist sehr hoch, das Rauschen gering. Doch eine Nikon D80 oder Canon EOS 400D mit ebenfalls 10 Megapixeln liefern für Preise unter 1000 Euro eine fast ebenbürtige Bildqualität mit ca. 150 Linienpaaren weniger Detailzeichnung. Vernünftig ist die M8 nicht, aber faszinierend. Und dies eben auch wegen der Leica-Objektive, die zur höheren effektiven Auflösung beitragen. Haptik, Wertigkeit, Top-Objektive - das sind die Pluspunkte der M8. Auch dürfte ihr ein langes Modell-Leben beschieden sein. Dafür reichen die 10 Megapixel Auflösung und die gebotene Bildqualität völlig aus - wenn Leica die Bildfehler in den Griff bekommt. Anhänger der Messsucher-Fotografie können mit der M8 den Sprung ins digitale Zeitalter wagen, zumal sie auch mit älteren Objektiven ein hervorragendes Bild abgibt, wie ich mit meinem Elmarit-M 2,8/21 mm und Summilux-M 1,4/35 mm feststellen konnte.
- Leica M8
- Datenblatt
Schon die Verpackung würde einem teuren Parfümflakon zur Ehre gereichen. Im Päckchen steckt dann die nächste Evolutionsstufe des Messsucher-Klassikers - digital aber weiterhin mit schlicht elegantem Leica-Design. Im Laufe der Jahrzehnte hat die Leica M wie viele in den 50er-Jahren Geborene leicht zugelegt. 4 cm ist die M8 nun dick, 2 mm mehr als die M7, 6 mm mehr als eine M3 von 1956. Wichtigste Änderung gegenüber der M7 ist der Kodak-10-Megapixel-Sensor KAF-10500. Trotz gleicher Pixelgröße von 6,8 µm handelt es sich nicht exakt um den schon aus dem Leica-Digital-Modul R bekannten Sensor. Der M-Sensor ist mit 27 x 18 mm etwas größer als sein R-Pendant und bietet mit 3936 x 2626 Pixeln eine minimal höhere Auflösung. Damit sind gute Voraussetzungen für rauscharme Bilder gegeben - wichtig angesichts des großen Empfindlichkeitsbereichs von ISO 160 bis ISO 2500. Dank des etwas größeren Sensors liegt der Brennweiten-Umrechnungsfaktor jetzt bei 1,33x.
Zwei Dinge unterscheiden die M8 von nahezu allen anderen Modellen mit Wechselobjektiven: Die Leica hat keinen Autofokus und keinen SLR-Sucher. Stattdessen gibt es den klassischen Messsucher, also einen großen optischen Sucher mit eingespiegeltem Leuchtrahmen, der das Bildfeld markiert. Zu jeder Brennweite blendet die M einen passenden Leuchtrahmen in den Sucher und verschiebt diesen Rahmen auch so, dass bei Nahaufnahmen Sucherbild und aufgenommenes Bild übereinstimmen (automatischer Parallaxenausgleich). Zum Scharfstellen blendet die Leica in die Suchermitte ein zweites Teilbild des Motivs über das eigentliche Sucherbild. Liegen beide deckungsgleich übereinander ist fokussiert. Mit etwas Übung lässt sich so sehr schnell und sicher scharfstellen. Als zweite Hilfe gibt es zudem ein Schnittbild. Lediglich bei langen Teles funktioniert das System nicht mehr optimal, da der Sucherrahmen mit zunehmender Brennweite ein immer kleineres Feld markiert und die Fokussiergenauigkeit gleichzeitig abnimmt. Die effektive und eben auch bei Teles unveränderte Messbasis beträgt 4,71 cm. Um diesen Problemen vorzubeugen, bietet Leica zur M als längstes Tele ein 135-mm-Objektiv an. Zudem sind immer zwei Rahmen eingeblendet (24+35 mm/50+75 mm/28+90 mm), der Fotograf muss also wissen, welcher der richtige für sein Objektiv ist.
Bei den Basis-Bedienelementen gibt sich die M8 genauso sparsam wie ihre analogen Schwestermodelle. Keine Motivprogramme, sondern manuelle Belichtungssteuerung plus Zeitautomatik. Es gibt einen Zeit-, Blenden- und Entfernungsring, dazu Leuchtrahmenwähler und Auslöser, mehr scheint nicht nötig zu sein. Doch dieser Eindruck täuscht. Die Digital-Leica braucht zwar nicht mal mehr einen Filmtransporthebel, dafür aber das digital Übliche, und das liegt in Menüs: von der Einstellung der Bildqualität - die M8 erlaubt parallel DNG-(RAW-) und JPEG-Aufnahmen - bis zu Übersichts- und Vergrößerungsfunktionen bei der Bildwiedergabe.
Das Positive zuerst: Der LCD-Monitor ist schön groß und scharf, die Menüs in angenehm unbunten Farben gut lesbar, solange nicht die Sonne draufsteht. Mit den 4-Wege-Tasten und dem konzentrisch darum herum angeordneten gerändelten Drehring lässt sich gut navigieren. Der Druck auf die "Menü"-Taste neben dem Monitor offenbart in erster Linie Grundeinstellungen wie "Profil speichern", Selbstauslöserzeit, Art der Bildnummerierung und Energiespar-Optionen, aber auch Einstellung wie Schärfung, Kontrast und Farbsättigung. Andere bildbestimmende Funktionen wie Dateiformat, Weißabgleich, Komprimierung, oder das auszuwählende Benutzerprofil stecken hinter der "Set"-Taste am entgegengesetzten Ende unten links vom Monitor. Dazu gehört auch die Belichtungskorrektur, die mangels Mehrfeldmessung öfter mal nötig ist, um den Wert der mittenbetonten Messung auszugleichen. Um "+1EV" einzustellen, muss man "Set" drücken, nochmal "Set" drücken, 3-mal die Wipptaste nach oben drücken oder das Rad um drei Rasten drehen und schließlich erneut "Set" drücken, bevor man endlich fotografieren kann - wenn das Motiv dann noch da ist. Und zurück geht es genauso umständlich. Wesentlich praktischer wäre ein Extraknopf, zumal die M8 auch keine automatischen Belichtungskorrekturreihen kennt. Weniger wichtige Funktionen liegen dagegen im Direktzugriff. Der Selbstauslöser lässt sich über einen eigenen Schalter direkt und blitzschnell aktivieren, bevor man sich für den Weg ins Bild 12 s Zeit lassen kann. Eine eigene Taste hat auch die Löschschutzfunktion. Ebenfalls unverständlich, warum der sichtbare Knopf in der Mitte der 4-Richtungswippe - anders als bei den meisten Kameras - stillgelegt ist. So kann der rechte Daumen zum "OK" nicht einfach da drücken, wo er gerade kreist, sondern man muss auf "Daumen links" umschalten und den "Set"-Knopf links vom Monitor betätigen. Da lässt man die historisch-unpraktische, zum Akku- und SD-Kartenwechsel abnehmbare Bodenplatte schon eher als sympathische Marotte durchgehen.
Bei aller Detailkritik - dank des aufs Wesentliche reduzierten Funktionsumfangs ohne Autofokus und Multiprogramm-Automatik - gibt die Bedienung der M8 kaum Rätsel auf. Das erleichtert den Umstieg von einer analogen auf die digitale M. Nur ein großes Fragezeichen bleibt: Wie bringe ich den Trageriemen richtig an? Ungeübte sollten 10 bis 15 min einkalkulieren, bis der Riemen unverzwirbelt an der M8 hängt. Mein Tipp: beim Kauf gleich vom Leica-Meister machen lassen
Auf der Haben-Seite zu verbuchen ist schließlich noch die Kompatibilität mit älterem Zubehör. Das gilt nicht nur für Objektive. Wer noch einen guten alten Leitz-Visoflex samt passendem Objektivkopf besitzt, kann aus der M8 problemlos eine Spiegelreflex machen.
Der moderne Klassiker mit CCD muss die gleiche harte Testprozedur durchlaufen wie die neuesten SLR-Konstruktionen. Was der M8 - wie auch der Epson R-D1 und der Leica R9 mit Digital-Modul-R - erspart bleibt, ist jedoch der Autofokustest samt Wertung. Damit fehlen der Leica im Vergleich zu anderen SLR-Modellen allerdings die bis zu neun Punkte für einen schnellen Autofokus. Wer die Gesamtpunktzahlen vergleichen will, muss also bei den Konkurrenten die Autofokuspunkte herausrechnen.
Im Kapitel Auflösung liefert die Leica M8 hervorragende Werte und schneidet etwas besser ab als die 10-Megapixel-Konkurrenz von Canon, Nikon, Sony oder Olympus. Die M8 erreicht - wie auch das Digital-Modul-R - ungefähr das Niveau der Canon EOS 5D und Nikon D2Xs. Ebenfalls überzeugend sind die Rauschwerte, auch wenn eine Canon EOS 5D oder Nikon D80 bei ISO 800 und ISO 1600 noch etwas bessere Ergebnisse liefern. Gleiches gilt für die Dynamikwerte von 9,0 bzw. 8,5, mit denen die M8 in der Spitzengruppe mitspielt. Beim automatischen Weißabgleich verschenkt die M8 leider 1,5 Punkte, aber ohne in der Praxis deutlich unangenehm aufzufallen. Die gelegentliche Kühle von Fotos fällt noch in die Kategorie Geschmackssache. Ein Blick zurück auf die Werte der Epson R-D1, der ersten digitalen Messsucherkamera mit damals 6 Megapixeln, macht den schnellen Qualitätsfortschritt deutlich. Die Leica M8 hängt die Epson R-D1 hinsichtlich der Bildqualität in allen Punkten klar ab.
Da mit dem Autofokus bei der M8 zugleich ein Zeit- und Stromfresser wegfällt, liegt der Stromverbrauch bei moderaten 27 Ws. Die reine Auslöseverzögerung von 0,1 s könnte kürzer kaum sein, nur bei der Einschaltverzögerung von 1,1 s lässt sich die M8 mehr Zeit als viele Spiegelreflexkameras. Insgesamt hat die Leica M8 nicht nur in puncto Bildqualität das Zeug, die ruhmreiche M-Tradition in der Digitalära fortzuführen.
Leica M8
Leica M8 | |
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Hersteller | Leica |
Preis | 4800.00 € |
Wertung | 51.5 Punkte |
Testverfahren | 1.5 |
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