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So entstehen Verzeichnung und Vignettierung

13.2.2012 von Uwe Artmann

In Teil 3 unserer Wissens-Serie zu Abbildungsfehlern geht es um Verzeichnung und Vignettierung. Beides zeigt fast jedes Objektiv, beides lässt sich jedoch auch sehr gut korrigieren - am Rechner oder bereits in der Kamera.

ca. 3:55 Min
Ratgeber
VG Wort Pixel
So entstehen Verzeichnung und Vignettierung
So entstehen Verzeichnung und Vignettierung
© ColorFoto

Wissens-Serie: Abbildungsfehler


Der Abbildungsmaßstab einer Aufnahme ist nicht über das gesamte Bildfeld konstant. Was bewirkt diese Tatsache in der fotografischen Praxis? Ein Objekt in der Bildmitte wird ein wenig anders abgebildet als das gleiche Objekt am Bildrand.

Bei vielen Motiven fällt dies kaum auf, da sich die Objekte im Bild normalerweise nicht wiederholen. Bei einzelnen Motiven wird es aber sehr deutlich: Die Optik verzeichnet. Diese Distorsion (Verzeichnung) zeigt sich insbesondere bei Linien, die durch das gesamte Bildfeld laufen und am Bildrand nicht mehr gerade, sondern verbogen erscheinen.

Man unterscheidet zwischen tonnenförmiger und kissenförmiger Verzeichnung, doch bei modernen optischen Systemen kommt es auch zu Mischformen.

Bildbeispiele

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tonnenförmige Verzeichnung
© Uwe Artmann
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kissen-förmige verzeichnung
© Uwe Artmann
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korrigierte Verzeichnung
© Uwe Artmann

Verzeichnung

Die Verzeichnung wird durch die Lage der Blende im optischen System verursacht, ist also durch den Fotografen nicht zu beeinflussen.

Objektive, die für Anwendungen konstruiert wurden, bei denen eine Verzeichnung besonders kritisch ist (Reproduktionsobjektive), lassen sich so konstruieren, dass die Blende exakt auf der Hauptebene liegt. Zwar lässt sich damit die Verzeichnung vermeiden, ein derartiger Aufbau führt jedoch zu zahlreichen anderen unerwünschten Einschränkungen, sodass die meisten Objektive auf eine Blende in der Hauptebene verzichten.

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Insbesondere bei kurzen Brennweiten und entsprechend großen Bildwinkeln kann man die Verzeichnung durch die Konstruktion kaum minimieren. Dies würde einen symmetrischen Aufbau vor und nach der Blende erfordern, was die Optik groß und komplex macht.

Kein Einfluss der Blendengröße

Da die Blendenzahl, also der Blendendurchmesser, keinen Einfluss auf die Verzeichnung hat, fehlt dem Fotografen ein Werkzeug, mit dem er bei der Aufnahme die Verzeichnung reduzieren kann.

Die Signalverarbeitung in modernen Digitalkameras bietet aber die Möglichkeit, die Verzeichnung nach der Aufnahme zu korrigieren. Dies wird insbesondere bei Kameras ohne Wechseloptik gemacht, da die Optik genau definiert ist, was die Korrektur erheblich vereinfacht. Da die Optik und die Nachbearbeitung ein System bilden, wird mitunter sogar an der Optik gespart und die Korrektur auf die Prozessoren ausgelagert. Dies erlaubt kleinere und günstigere Optiken bei kaum schlechterer Bildqualität, sofern die Korrektur nicht zu stark ausfällt.

Im Prinzip arbeitet die kamerainterne Lösung genauso wie die Softwarelösung am Rechner: Das System erkennt das Objektiv, Brennweite und Aufnahmeentfernung und findet in einer hinterlegten Tabelle die Korrekturwerte. Die Firmware berechnet nun für jedes einzelne Pixel, wo es liegen müsste, wenn die Optik nicht verzeichnet hätte.

Genauso wie bei der Vergrößerung oder Reduzierung der Bildgröße (Interpolation), findet sich aber nicht immer für jedes Pixel eine exakte neue Position; zum Beispiel dann, wenn ein Bildpunkt nur um eine halbe Pixelposition verschoben werden muss. Dann greifen komplexe Algorithmen und berechnen die ideale Abbildung auf das Raster.

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Zum Rand hin wird die Differenz von Istposition und Sollposition immer größer, und eventuell können Artefakte beobachtet werden, die wie Bildrauschen wirken oder vorhandenes Rauschen verstärken. 

Vignettierung

Der Begriff Vignettierung fasst meist alle Effekte zusammen, die zu einem Abdunkeln des Bildes zum Rand hin führen. Korrekterweise sollte man jedoch natürliche und künstliche Vignettierung unterscheiden. Ganz streng genommen ist die Bezeichnung sogar nur für die künstliche Vignettierung korrekt gewählt, da es sich um die im Namen angedeutete Maskierung (aus dem Französischen: Vignette) handelt.

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Messwerte: Für ColorFoto bestimmt das Testlabor die Vignettierung. Diese Grafik zeigt deutlich, dass die Vignettierung zum Rand hin gleichmäßig wächst.
© Archiv

Ein modernes Objektiv besteht immer aus einer Vielzahl von Linsen, und sollen die Linsenfassungen nicht Randstrahlen abschatten, so müssen teilweise recht große Liniendurchmesser gewählt werden.

Da dies dem Wunsch nach kompakten und leichten Objektiven entgegensteht, lassen die Konstrukteure in der Regel eine gewisse künstliche Vignettierung zu. Dieser Effekt lässt sich durch Schließen der Blende reduzieren oder sogar komplett eliminieren. Doch nicht immer ist die Vignettierung störend: In Einzelfällen kann sie durchaus einen gestalterischen Reiz haben.

Der auch natürliche Vignettierung genannte Effekt des Randhelligkeitsabfalls ist kein Abbildungsfehler und physikalisch nicht vermeidbar. Er wird durch die Größe des Bildwinkels bestimmt. Das "Cosinus-hoch-vier"-Gesetz, das die Stärke des Lichtabfalls beschreibt, lässt sich niemals umgehen und sorgt immer für einen Lichtabfall zum Rand hin - selbst Abblenden hilft nicht dagegen. Vor allem Objektive mit kurzer Brennweite und damit großem Bildwinkel zeigen deshalb immer einen Abfall der Helligkeit zum Rand hin.

Korrektur  der Vignettierung

Der Randabfall (Intensität und Farbe) lässt sich mit relativ einfachen Mitteln korrigieren. Am Anfang steht die genaue Beschreibung des vorhandenen Lichtabfalls in Abhängigkeit von Blende, Brennweite und Aufnahmeabstand. Mit diesen Informationen kann ein leistungsfähiges Programm für jedes Pixel bestimmen, wie stark der Abfall war und wie stark die Helligkeit für diesen Bildpunkt anzuheben ist. So wird dann der Rand stärker als die Mitte aufgehellt, der Randabfall durch die Optik also ausgeglichen.

Vergleichstest: Fünf Perspektivkorrekturen

Hierfür gilt, genauso wie für die Verzeichnungskorrektur, dass eine perfekte Korrektur schwierig ist, da durch Serienstreuung nicht alle Modelle einer Objektivreihe zu 100 Prozent identisch sind. Das birgt die Gefahr, zu stark zu korrigieren. Daher korrigieren Hersteller meist zurückhaltend, da eine Umkehrung des Effekts sehr störend wirkt.

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Korrektur: Wie hier in Photoshop, kann man in komplexeren Programmen für die Bildbearbeitung Verzeichnung und Vignettierung recht einfach korrigieren. Oft helfen dabei auch fertige Profile.
© Archiv

Ferner führt das künstliche Aufhellen der Ränder immer auch zu verstärktem Bildrauschen. Während dies bei schwacher Verstärkung kaum sichtbar ist, kann es durchaus störend werden, sobald eine sehr starke Vignettierung ausgeglichen werden muss.

Für die Korrektur von Abbildungsfehlern und Vignettierung stehen diverse Softwarelösungen zur Verfügung. So bieten alle größeren RAW-Konverter die Möglichkeit, Profile für die eigene Kamera-Objektiv-Kombination zu laden, mit denen die Kamera eine automatisierte Korrektur vornehmen kann. 

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