Ratgeber
Bildrauschen
Das neue Messverfahren liefert stabile und dem visuellen Eindruck sehr gut angepasste Ergebnisse. Zugleich bleibt die Notwendigkeit bestehen, auch in Zukunft immer wieder neue Testverfahren zu entwickeln. Nur so lassen sich sicher die Schwachpunkte der immer ausgefeilteren internen Bildbearbeitungsmodi von Digitalkameras finden. Das Rauschen digitaler Spiegelreflexkameras misst das Labor ab sofort mit der neuen Methode. In den entsprechenden Tabellen finden Sie jetzt den Mittelwert "VN" (visual noise). Bei digitalen Kompakten wechseln wir mit Heft 12/06 zum neuen Verfahren.
- Bildrauschen
- Bewertung des Visual Noise
Seit zehn Jahren testet Image Engineering Digitalkameras für ColorFoto, und seit dieser Zeit werfen wir auch mehr als einen Blick auf das Rauschen - die lästigen Störungen insbesondere in den dunklen Bildbereichen. Dabei kommt der ISO-Standard 15739 zum Einsatz, der die Messung des Signal-/Rauschabstandes definiert. Der Signal-/Rauschabstand beschreibt, wie weit das Bildsignal über dem Rauschen liegt. Als Rauschen wird die Standardabweichung in einem einfarbigen Graufeld ermittelt, wobei das Farbbild zunächst in ein Graustufenbild umgerechnet wird, das den Helligkeitseindruck widerspiegeln soll. Dieses Verfahren beinhaltet zwei Schwachstellen, die unter ungünstigen Umständen zu Differenzen zwischen den Messungen und der visuellen Wahrnehmung des Rauschens führen. Zum einen berücksichtigt das ISO-Verfahren nicht die farbliche Komponente, sondern betrachtet nur die Helligkeitsdifferenzen. Zum anderen wirkt sich die Frequenz des Rauschens auf die Sichtbarkeit und damit die Wahrnehmung aus. Nötig wäre also eine frequenzabhängige Bewertung, wie sie im ISO-Standard nur im unverbindlichen, informellen Anhang aufgeführt wird. Darüber hinaus sieht der ISO-Standard vor, dass nur das Mittel aus drei Graufeldern im mittleren Helligkeitsbereich verwendet wird, um das Rauschen einer Kamera anzugeben. Auch dies kann zu Problemen führen, da so helle und dunkle Bildbereich außen vor bleiben, das Rauschen jedoch stark von der Helligkeit abhängt. Die Kameras benutzen darüber hinaus immer wirksamere frequenz-, bildmuster- und helligkeitsabhängige Rauschfilter.
Gerade im Laufe des letzten Jahres wuchs die Notwendigkeit, ein neues Verfahren zu entwickeln, weil immer mehr Hersteller in den Kameras immer clevere Rauschunterdrückungsverfahren einsetzen. Diese Verfahren arbeiten sehr unterschiedlich, sodass der eng umgrenzte Messbereich des ISO-Verfahrens immer weniger ausreicht, um das gesamte Rauschverhalten einer Kamera zu beurteilen.
Image Engineering hat sich deshalb nach einem neuen Verfahren umgesehen, das das Rauschen basierend auf der Bildwahrnehmung des menschlichen Auges beschreibt. Zum einen gibt es ein Verfahren, das vor einigen Jahren von Konica Minolta entwickelt und veröffentlicht wurde. Zum anderen haben Wandell und Zhang eine Erweiterung der Farbabstandsbetrachtung im Lab-Farbraum auf Bilder mit feinen Details vorgenommen, die von Johnson und Fairchild aufgegriffen und präzisiert wurde. Image Engineering hat beide Verfahren im Hinblick auf ihre Tauglichkeit geprüft und dabei mit einer Diplomandin an der Fachhochschule Köln kooperiert. Diese Arbeit von Johanna Kleinmann wird in Kürze fertig gestellt und verfügbar sein. Letztendlich führte ein Mix der beiden Ansätze zu dem neuen ab jetzt angewendeten Verfahren für die Rauschbewertung. Diese Lösung wird im Folgenden genauer beschrieben.
Das neue TestverfahrenIm ersten Schritt wird das RGB-Bild der Kamera in den auf der menschlichen Wahrnehmung basierenden XYZ-Farbraum trans-feriert und von dort in den "opponent space" überführt. Dieseropponent space basiert auf einer Untersuchung der Farbstoffe im menschlichen Auge und der Verarbeitung der dabei entstehenden Farbsignale. Das Bild wird anschließend mit Hilfe der "contrast sensitivity function"-(CSF-)Frequenz gefiltert. Die CSFs beschreiben den Kontrast, der nötig ist, damit das Auge die Strukturen einer bestimmten Frequenz erkennen kann. Unser Auge ist für sehr feine Strukturen recht unempfindlich, braucht also einen ausreichend hohen Kontrast, um sie zu erkennen. Gröbere Strukturen können dagegen schon bei einem geringen Kontrast wahrgenommen werden. Diese Wahrnehmung hängt zudem noch von der Farbe ab.
Für die Frequenzfilterung und die Beurteilung von Rauschen insgesamt müssen die Betrachtungsbedingungen für das Bild bekannt sein: Geht es um einen 10 x 15-cm- Abzug oder die 100-Prozent-Darstellung auf dem Monitor? Für jede Betrachtungsbedingung muss der Tester eine entsprechend angepasste Filterung bei der Rauschbewertung wählen. Nur dann entspricht das Ergebnis der menschlichen Wahrnehmung. Auf einem 10x15-Print sind die Rauschartefakte einer 16-Megapixel-Kamera wesentlich unauffälliger, als wenn man das gleiche Bild am Monitor bei 100 Prozent betrachtet. Für unseren Test ist es natürlich auch eine Herausforderung, diese Bedingung(en) repräsentativ zu wählen.
Das gefilterte Bild wird anschließend wieder in den XYZ-Farbraum überführt und von dort in den Luv-Farbraum, der für die Betrachtung kleiner Flächen besser geeignet ist als der Lab-Farbraum. Im Luv bestimmt Image Engineering anschließend die Standard-abweichung für jedes Feld und gewichtet die Ergebnisse nach folgender Formel, die Konica im Zuge der Entwicklung empirisch ermittelt hat: 1.0000L*+0.8520u*+0.3230v*
Das Resultat ist eine Kurve, bei der für alle 20 Graufelder unseres OECF-Testbildes das visuelle Rauschen der Kamera (VN) aufgetragen wird. Aus diesen Kurven wird nun wie folgt der Wert für das Rauschen ermittelt.
Der neue MittelwertDie abgebildete Kurve zeigt das visuelle Rauschen (VN) für alle 20 Messfelder. Doch da die 20 Werte in der Tabelle nur wenig Sinn machen, fassen wir sie zu einem einzigen Mittelwert zusammen. So können Sie das Rauschen der verschiedenen Modelle auf einen Blick vergleichen und müssen sich nicht immer durch alle 20 Werte arbeiten. Zur Berechnung des Mittelwerts führen wir zunächst eine Gewichtung der Einzelwerte durch: VN-Werte bis eins werden einfach übernommen, Werte über eins werden hoch 1,4 genommen, um die Ausreißer stärker zu berücksichtigen. Damit tragen wir der Tatsache Rechnung, dass Rauschwerte bis 1 kaum als Rauschen wahrgenommen werden, Werte zwischen eins und zwei als leichtes Rauschen zu erkennen sind und bei Werten über zwei ein wirklich störender Rauscheindruck auftritt.Zu den so gewichteten Einzelwerten berechnen wir anschließend den Mittelwert, lassen dabei jedoch links und rechts die beiden äußeren Felder unberücksichtigt, da diese teils unter- oder überbelichtet sind.
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